Die Zeit der Blätter

Zierkohl (Brassica oleracea) in Töpfen schmückt nun den Hof bei der Ökonomie in Vorder Brüglingen. Eng verwandt mit Grünkohl - man könnte ihn auch essen - begeistert er mit dicken, krausen Blättern in rotviolett bis rosa und überraschend vielfältigen Grüntönen.

Auch bei einem anderen Kohl, nämlich dem Rosenkohl im Alten Bauerngarten auf dem Brüglingerhof, sind die Blätter das Wichtigste. Die zarten, dicken Blattknospen sind jetzt bereit zum Ernten - nach dem ersten Frost schmecken sie besser.

Im Labyrinth beweisen Schlangenbart (Ophiopogon planiscapus 'Niger') und Liriope (Liriope muscari) mit ihren schwarzen und grünen, grasartigen Blättern ihre Fähigkeit, den Winter zu beleben. Auch die gestreiften, drei Zentimeter breiten Blätter der eben sogenannten Breitblättrigen Segge (Carex plantaginea) passen gut in ein winterliches Beet.

Direkt daneben leuchten die roten Blätter der Eichenblättrigen Hortensie (Hydrangea quercifolia). Grosse Blätter werden von der Pflanze abgeworfen, aber in einem mildem Winter schmücken die kleineren Blätter den Garten bis in Frühling.

Auch Blüten gibt es noch: Ganz untypisch für die Jahreszeit blüht bei den Schmetterlingsblütlern der Stechginster (Ulex europaeus). Seine Hauptblütezeit ist normalerweise Mai bis Juni, die Nachblüte reicht bis meistens bis September. Und am Eingang St. Jakob verabschieden einen die Gänseblümchen und Stiefmütterchen mit leuchtenden Farben im bisher eher grauen Dezember: dunkelpurpur, weinrot, zartrosa und gelb.

Zierkohl (Brassica oleracea)
Zierkohl (Brassica oleracea)
Rosenkohl
Rosenkohl
Gänseblümchen
Gänseblümchen
Rotkehlchen
Rotkehlchen
Stechginster (Ulex europaeus)
Stechginster (Ulex europaeus)

Pflanze des Monats

Henne mit Küken (Tolmiea menziesii)

Tiere, die ihre Jungen mit sich herumtragen, kennen wir viele. Da fallen uns vielleicht Kängurus, Skorpione, Affen, Asseln, Kugelfische, Faultiere und – zumindest zeitweise - Hühner ein. Huckepackpflanzen sind seltener, aber auch das gibt es. Eine der bekanntesten ist die “Henne mit Küken“. Ihre Kindel (die heissen wirklich so) wachsen im Herbst auf dem Blatt, drücken dieses zu Boden, schlagen Wurzeln und - zack! - haben wir eine neue Henne.

Die Rede ist von einer etwas altmodischen, aber noch immer beliebten Zimmerpflanze, die sich an schattigen, geschützten Orten auch für den Garten eignet. Ihre ursprüngliche Heimat sind kühle Nadelwälder von Kalifornien bis Alaska. Die Blüten? Hübsch, aber winzig.

Die Henne mit Küken ist ein ideales Gewächs für Kinder, weil der Wechsel von der Henne (alte Pflanze) über das Küken (Kindel auf dem Blatt) zur neuen Henne nicht lange dauert, spannend ist und sich gut beobachten lässt. Zudem ist sie völlig vegan, frei von Hühnereiweiss und –augen.

Der Winter kommt

Die Blütezeit der meisten Pflanzen ist vorbei, der Himmel ist die letzten Tage eher grau. Doch wer jetzt im Garten spazieren geht, kann umso mehr die leuchtenden Farben der herbstlichen Bäume bewundern. Besonders schön sind die rot leuchtenden Blätter der Azaleen im Rhododendrontal im Kontrast zum immergrünen Laub vieler Rhododendren.

Viele Samenstände bleiben über den Winter im Garten stehen und werden erst im Frühling geschnitten. Die bizarren Formen der Hüllen, Kapseln und Strukturen ziehen die Blicke auf sich und zeichnen schöne Silhouetten. Die Fruchtstände der Gräser oberhalb der Irissammlung leuchten morgens im Gegenlicht.

Apropos Iris - die Winter-Iris (Iris unguicularis) blüht, wenn es mild ist, den ganzen Winter durch, man findet sie hinter der Irissammlung nahe der Sonnenuhr.

Gräser
Gräser

Pflanze des Monats

Zerr-Eiche (Quercus cerris)

Für die meisten Gärten wird sie mit bis zu vierzig Metern zu gross, doch wenn ein schnellwachsender Hausbaum gesucht wird, ist die Zerr-Eiche gut geeignet. Sie ist sturmfest, unempfindlich, stadtklimaresistent, wurzelt tief und lässt sich problemlos unterpflanzen. Innerhalb einer Generation entwickelt sie sich zu einem malerischen Baum mit knorrigen Ästen und dicker Borke. Unser Exemplar ist über fünfzig Jahre alt. Die tief gelappten Blätter sind sehr variabel und bleiben lange am Baum. Eine Besonderheit ist der mit zottigen Schuppen bedeckte Eichelbecher.

Mit Gezerre hat die Zerr-Eiche nichts zu tun. In Südost-Europa und Kleinasien, wo sie beheimatet ist, heisst sie Qarr, Tser oder Cerro, auf lateinisch Cerrus. Ein kopierter Druckfehler aus einem Buch von Dodonaeus im 16. Jahrhundert führte zum heute gültigen Artnamen cerris.

Sind Ihnen im Sommer knorpelartige Gebilde unter unseren Stein-Eichen aufgefallen? Das sind keine Eier von Ausserirdischen, sondern sogenannte Knoppern. Verursacher ist die Eichenknoppern-Gallwespe. Ihre erste Generation wächst in der Zerr-Eiche. Im Mai schlüpft sie und legt ihre Eier an die Eichelbecher der hiesigen Stein-Eiche, wo sich bald die Knoppern bilden. Da die Gallwespe beide Eichenarten benötigt, findet man sie fast nur in der Nähe botanischer Gärten oder Parks.

Farbenfroher Herbst

Die sonnigen Oktobertage lassen die Bäume in allen Farben aufleuchten: Der Amerikanische Amberbaum (Liquidambar styraciflua) , der Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera) und die Baumbestände im Englischen Garten präsentieren sich von ihrer schönsten Seite.

Besonderes gibt es jetzt bei den Schmetterlingsblütlern (Fabaceen) zu sehen, denn die Früchte dieser Pflanzen sind oft sehr aussergewöhnlich. Beim Blasenstrauch (Colutea orientalis) sind die Samenhülsen aufgebläht oder beim Zeckenklee (Desmodium canadensis) klebrig und haften wie Kletten. Der Skorpionsschwanz (Scorpiurus muricatus) wurde sogar extra wegen der Fruchtform gesät: Die Hülsen sind schmal und verdreht und sehen aus wie eine zusammengerollte Raupe.

Auf dem Farbhügel beim Pächterhaus in Vorder Brüglingen blühen die Astern immer noch in traumhafter Fülle. Auch die Fuchsien geben noch einmal alles: Zwar wandern einige Kübel bereits ins Winterquartier, aber die winterharte Sorten (Fuchsia magellanica) blühen noch so schön wie selten. In der Clematissammlung leuchten nicht nur die letzten Blüten (C. akebioides, C. ternifolia, C. viorna, und andere) sondern auch die Hagebutten der Rosen (Rosa spp.) und tiefblau der Eisenhut (Aconitum carmichaelii).

Obwohl Lavendel und Salbei bereits verblüht sind, ist der Silberhang zurzeit wunderschön mit den winzigen Blüten der Bergminze (Calamintha-Arten) übersät; dazwischen verstecken sich Herbstkrokusse (Crocus speciosus).

Blasenstrauch (Colutea orientalis)
Blasenstrauch (Colutea orientalis)
Amerikanische Amberbaum (Liquidambar styraciflua)
Amerikanische Amberbaum (Liquidambar styraciflua)
Eisenhut (Aconitum carmichaelii)
Eisenhut (Aconitum carmichaelii)
Bergminze (Calamintha)
Bergminze (Calamintha)
Farbhügel mit Astern
Farbhügel mit Astern

Pflanze des Monats

Japanisches Blutgras (Imperata cylindrica 'Rubra')

Zum Spätsommer hin leuchtet das Blutgras in feurigem Rot. Schwachwüchsig ist es, bescheiden und nicht sehr winterhart; ein harmloses Pflänzchen, so scheint es. Man sieht es ihm nicht an, dass es zu den weltweit schädlichsten invasiven Arten gehört. Seine natürliche Verbreitung liegt in Ostafrika, Indien und Südostasien. In den USA wurde es früher als Viehfutter und zur Bodenstabilisierung angepflanzt. Doch mit der Futteridee ging es ziemlich schnell bachab: Der englische Name 'swordgrass' bezieht sich auf die harten Blattkanten, welche Rindermäuler verletzen können. Nur die frisch austreibenden Halme werden gefressen, haben aber nur wenig Nährstoffe.

Ein noch grösserer Reinfall war der Erosionsschutz. Dieser funktionierte dank der kräftigen Rhizome, welche ein dichtes Geflecht bilden, recht gut. Doch dadurch und durch seine allelopathische Wirkung (eine Art chemische Kriegsführung im Pflanzenreich) verdrängt das Blutgras andere Pflanzen. In den USA hat es inzwischen mehrere tausend Hektar überwuchert und verändert die Feuerökologie. In vielen Bundesstaaten ist es verboten und wird bekämpft. Auch auf anderen Kontinenten macht es Probleme: In Teilen Afrikas gilt es als das schlimmste Ackerunkraut, in Südostasien behindert es Wiederaufforstungsprojekte.

Doch unsere Winter sind kalt, die Sorte 'Rubra' blüht nicht. Deshalb erfreuen wir uns auch weiterhin an diesem flammenden Rot, welches zusammen mit Scheinhasel, Blumenhartriegel und Eisenhut den Herbst leuchten lässt. Und das Fehlen der silberfedrigen Blüten sollte niemand bedauern.

Altweibersommer: späte Blüten und üppige Früchte

In den warmen Spätsommerstrahlen reifen an vielen Sträuchern die Früchte: Weissdorn und Schwarzdorn sind reich behangen, an den Rosen leuchten die Hagebutten und im Trockenbiotop ist der Sanddorn voller orangener Früchte.

Noch immer blühen die Fuchsien: einige winterharte Sorte sind dieses Jahr so schön wie selten. An der warmen Südseite des Gewächshauses duften - besonders nachts - die Engelstrompeten. Auch viele Clematisarten und -sorten blühen noch in allen Farben. Am Eingang St. Jakob und bei der Villa blühen Silberkerzen (Actaea oder veraltet, aber noch üblich: Cimicifuga) die auch toll duften.

Besonders lohnenswert ist jetzt ein Besuch beim Farbhügel: die Astern fangen an zu blühen und bedecken schon jetzt das Beet mit tausenden von blauen Blüten - eine Augenweide!

Wer genau hinschaut entdeckt auch im schattigen Rhododendrontal jetzt einige Spezialitäten: das kletternde Tränende Herz (Dactylicapnos macrocapnos), winterharte Begonien (Begonia grandis), die Traubenlilie (Liriope muscari) oder als ganz besonders Highlight die filigrane Krötenlilie (Tricyrtis Hybride).

Astern "Wunder von Stäfa" (Aster x frikartii)
Astern "Wunder von Stäfa" (Aster x frikartii)
Schwarzdorn (Prunus spinosa)
Schwarzdorn (Prunus spinosa)
Krötenlilie (Tricyrtis)
Krötenlilie (Tricyrtis)
Winterharte Fuchsie (Fuchsia 'Vielliebchen')
Winterharte Fuchsie (Fuchsia 'Vielliebchen')
Kletterndes Tränendes Herz (Dicentra scandens)
Kletterndes Tränendes Herz (Dicentra scandens)

Pflanze des Monats

Japanische Berchemie, Rattanrebe

Mit der Rattanpalme, aus deren Trieben Rattan und Peddigrohr gewonnen werden, hat diese Pflanze nichts zu tun. Den irreführenden Name Rattanrebe trägt sie nur, weil einige andere Arten der Gattung zum Flechten verwendet werden.

An einem Zaun oder Gitter kann sie bis zu vier Meter hoch klettern. Sie benötigt eher mildes Klima und einen nicht zu trockenen Platz. Ansonsten ist es eine recht anspruchslose Pflanze, die auf den ersten Blick unscheinbar wirkt, bei genauer Betrachtung aber durchaus zu begeistern vermag. Ende Februar kann man die dünnen Triebe auf kurze Zapfen zurückschneiden, sollte aber diejenigen, die Beeren tragen, stehen lassen.

Die grünweissen Blüten erscheinen im Hochsommer. Sie verströmen duftende Wolken und werden trotz ihrer Winzigkeit von glücklichen Bienen umschwärmt. Erstaunlicherweise findet man zur gleichen Zeit reife Beeren. Diese brauchen ein Jahr, um auszureifen, dabei verfärben sie sich von rot zu schwarz. Sie scheinen auf keine grosse Begeisterung zu stossen: Sogar Gärtnereien, die am Verkauf interessiert sein sollten, bezeichnen sie als essbar, aber nicht empfehlenswert. Und die Verwendung der Blätter als Tee-Ersatz oder Gemüse reizt wohl nur die experimentierfreudigsten unter den Köchen.

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Kein Buchs mehr

Neben dem Pächterhaus in Vorder Brüglingen musste die Buchseinfassung der Beete entfernt werden. Der Buchs war von einem Pilz befallen, der Blätter und Triebe zuerst braun verfärbt und nachher schnell absterben lässt. Die Krankheit ist sehr ansteckend für andere Buchspflanzen.

Um zu verhindern, dass sich die Krankheit weiter ausbreitet, muss der gesamte Buchs entfernt werden. Dabei wird auch der Boden einige Zentimeter abgetragen, da die Pilzsporen viele Jahre in der Erde überleben können. Als Sicherheitsmassnahme landen die entfernten Pflanzen auch im Verbrennungsmüll anstatt auf den Kompost.

Weil die Gefahr vor Neuansteckungen gross ist, kann kein Buchs mehr gepflanzt werden. Statt dessen werden die Beete mit Bastardgamander eingefasst.

Die Buchskrankheit, die von einem Pilz mit dem wissenschaftlichen Namen Cylindrocladium buxicola verursacht wird, wurde 1994 das erste Mal in England beobachtet. Seit dem hat sie sich über befallenes Pflanzenmaterial in ganz Mitteleuropa ausgebreitet. In der Schweiz kommt der Pilz erst seit 2006 vor.

Dahlien und co.

Besonders empfehlenswert ist zurzeit die kleine aber feine Dahlien-Sammlung mit historischen Sorten im alten Bauerngarten. Auch zwei Wildarten sind dort vertreten.

Gleich in der Nähe, im Arzneipflanzengarten, zieht bereits seit einiger Zeit ein riesiges Exemplar des Blut-Weiderichs Bienen und Hummeln in Massen an. Ein paar Schritte weiter können die wunderschönen blauen Blüten eines Mönchspfeffers bewundert werden.

In der Clematis-Sammlung blühen einige kleinblütige Arten und Sorten.

Seit Monaten blühen bereits die Fuchsien, welche aber hier auch mal besondere Erwähnung finden sollen. Am üppigsten geht es natürlich auf der Fuchsientreppe zu und her. Hier ist auch ein Exemplar unserer Eigenzüchtung Fuchsia 'Brüglingen‘ zu sehen. Unterhalb der Treppe zeigen sich diverse winterharte Fuchsien von ihrer besten Seite.

Dahlie (Dahlia 'Weiss-Rosa-Gelbe von Trubschachen')
Dahlie (Dahlia 'Weiss-Rosa-Gelbe von Trubschachen')
Blut-Weiderich (Lythrum salicaria)
Blut-Weiderich (Lythrum salicaria)
Fuchsie (Fuchsia 'Brüglingen')
Fuchsie (Fuchsia 'Brüglingen')
Winterharte Fuchsie (Fuchsia 'Vielliebchen')
Winterharte Fuchsie (Fuchsia 'Vielliebchen')
Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus)
Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus)